Die durch eine Fatigue erfahrene Müdigkeit oder gar Erschöpfung ist auf das Absinken der Energie zurückzuführen, die der Körper produzieren, transportieren oder verarbeiten kann. Entweder ist die Energieproduktion in unseren körpereigenen Kraftwerken beeinträchtigt, der Transport über unsere Schnellstraßen, das Blut, ist eingeschränkt oder die Fähigkeit der Aufnahme und Verarbeitung der Energie ist herabgesetzt.
In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit dem Energietransport zu den Zellen. Energie, damit ist die Versorgung der Zellen mit, neben weiteren Nährstoffen, vornehmlich 2 wichtigen Bestandteilen gemeint, Zucker (Glukose) und Sauerstoff. Die in den Zellen befindlichen Mitochondrien, die Zellkraftwerke, verarbeiten die Glukose und den Sauerstoff und produzieren dabei CO₂ und H₂O, wobei sie die Zellen und ihre Organellen mit Energie versorgen.
Fatigue bei Long COVID
Die Datenlage und Forschung zur Fatigue ist noch wenig fortgeschritten und insbesondere in Bezug auf Long COVID sind noch viele offene Fragen zu klären. Was man bisher über die Fatigue annimmt ist, dass die häufigste Ursache der Erschöpfung eine zugrunde liegende Blutarmut (Anämie) ist. Dabei ist die Anzahl der sogenannten Erythrozyten, der roten Blutkörperchen, stark gesenkt. Dies ist bei Long COVID jedoch nicht zu beobachten. Die Anzahl der roten Blutkörperchen ist zwar im Norm-Bereich, jedoch ist deren wesentliche Aufgabe, der Sauerstofftransport, sehr stark eingeschränkt. Die roten Blutkörper sind, je nach Trainingszustand, elastisch, verformbar und haben eine recht spezifische Größe.
Untersuchungen bei Patienten mit Long COVID zeigten jedoch anhand von hoch technisierten Blutanalysen, dass die Erythrozyten kleiner und steifer, d. h. weniger verformbar geworden sind. Auch die Elastizität, also das Zurückgehen in die ursprüngliche Form, hat nachgelassen. Zudem sind asymmetrische Verformungen aufgefallen. Eigentlich sehen rote BK aus wie flache Scheiben mit einer Delle in der Mitte, ähnlich einem Donut nur mit Delle statt Loch.
Wenn unsere Erythrozyten nicht mehr in der Lage sind sich zu verformen, kommen sie irgendwann nicht mehr an den Zellen an, denn sie müssen durch die feinsten Blutgefäße unseres Körpers, die Kapillaren, hindurchströmen können. Dazu müssen sich die roten BK verformen können.
Da dies bei Long COVID unterbleibt, führt dies zu einer generellen Störung des Blutflusses und in weiteren Fällen zu einer Verklebung der Erythrozyten.
Welche Auswirkungen hat das?
Damit unser Körper die Bereitstellung von Nährstoffen und Sauerstoff für die Energieerzeugung sicherstellen kann, ist er auf ein funktionierendes System angewiesen, das in engen Parametern verläuft.
Um einer Energieunterversorgung der Zellen entgegenzuwirken, beginnt der Körper stärker zu arbeiten. Der Puls steigt schneller und höher an. Das Erreichen des Ruhepulses nach einer Anstrengung dauert wesentlich länger, wobei der Grundpuls von sich aus meist schon erhöht ist. Die Versorgung der Zellen mit Sauerstoff wirkt sich dementsprechend auch auf die Atmung aus, insbesondere bei den Betroffenen, die zuvor stationär mit Sauerstoff behandelt wurden, denn hier wurde das Atmungssystem schon durch die Infektion in Mitleidenschaft gezogen.
Daher ist eine Genesung bei allen Folgeerkrankungen, die mit Long COVID in Zusammenhang stehen, bei weniger schweren Vorverläufen auch in der Regel leichter und dauert weniger lang.
Die direkte Konsequenz aus der Unterversorgung der Zellen mit Glukose und allen voran mit O₂ und damit eine Unterversorgung der Zellen und deren Organellen mit Energie, ist die Fatigue. Dies kann direkt spürbar werden durch sowohl geistige und körperliche Müdigkeit und Erschöpfung. Diese Erschöpfung wird systemisch wahrgenommen und kann uns dazu zwingen, unsere Aktivitäten bis auf ein absolutes Minimum herunterzufahren, um uns nicht zu überfordern.
Leistungssportler, die zuvor Marathon gelaufen sind und sich auf einmal nach wenigen Kilometern so ausgelaugt fühlen, wie nach einem harten Berglauf sind durch den oftmals massiven Leistungseinbruch sehr stark betroffen, auch mental. Sie sind es nicht gewohnt, mit stark verminderter Leistungsfähigkeit umzugehen. Der Antrieb an die alte Leistung schnellstmöglich wieder anzuknüpfen, steht ihnen bei der Regenration dabei im Wege, denn die muss maßvoll sein und darf zu keinen systemischen Überforderungen führen.
Wie lange leiden Betroffene an den Auswirkungen?
Die bisherigen Forschungen zu den Blutanalysen haben gezeigt, dass die Veränderungen der BK sehr deutlich zu erkennen und leider auch von langer Dauer sind. Anomalien der BK im Blut von Genesenen konnten noch Monate nach der ursprünglichen Infektion nachgewiesen werden. Da jeder Patient stark individuelle Grundeigenschaften hat, u. A. Immunabwehrstärke, Gene, Gesundheit, kann niemand bei einer Diagnose von Long COVID beantworten, wie der Verlauf bei diesem oder jenem Patienten sein wird.
Es ist jedoch wichtig, dass eine möglichst frühzeitige Entdeckung und Diagnostik stattfindet, um die Auswirkungen von Long COVID und seiner zahlreichen Symptomatiken entgegenzuwirken.
Deshalb MUSS bei der Fatigue von Anfang an interdisziplinär vorgegangen werden. Grunderkrankungen müssen ausgeschlossen werden, wie z. B. Diabetes, MS, Parkinson etc..
Dazu ist es unabdingbar, eine große Blutanalyse anzufertigen. Ein einfaches Blutbild reicht nicht aus, um Anomalien der BK feststellen zu können! Auch die zur Analyse herangezogenen Labore müssen die notwendige Ausstattung und Analysefähigkeit aufweisen, um diese speziellen Blutanalysen anfertigen zu können. Daher ist es ratsam bei Verdacht auf eine Long COVID Erkrankung, insbesondere bei Symptomen dauerhafter Kopfschmerzen, Fatigue und Muskel- sowie Nervenschwächen, eine weitergehende Blutanalyse mit Ihrem Arzt zu besprechen.
Kann dann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Fatigue durch das Long COVID Syndrom ausgelöst wurde, können die Therapiekonzepte dann auf jeden Patienten spezifisch zugeschnitten werden, um einen höchstmöglichen Erfolg zu erzielen und die Auswirkungen von Long COVID nach Möglichkeit abzufedern. Hierbei kommt die Sportmedizin und die Physiotherapie zum Einsatz und speziell an unserem S.P.O.R.T. Institut stehen Ihnen dabei die neuesten Erkenntnisse aus der Sportmedizin zur Verfügung.
Wie kann ich dem Vorbeugen oder Entgegenwirken?
Egal ob Sie zu den Menschen gehören, die bereits eine Infektion mit Sars-CoV-2 hinter sich haben, egal ob Sie an Long COVID leiden, egal ob Sie bisher nicht betroffen waren. Ein starkes Immunsystem durch sportliche Betätigung und eine gesunde Ernährung, sowie der zusätzliche Schutz durch die empfohlenen Impfungen sind der beste Schutzwall, den Sie gegen eine Infektion oder einer möglichen Erkrankung an Long COVID entgegenhalten können. Für Betroffene von Long COVID gilt: Wenn Sie merken, dass Ihre Leistungsfähigkeit einbricht, Sie weitere Symptome haben, die vor der Infektion nicht da oder weniger ausgeprägt waren, sollten Sie sich in ärztliche Behandlung begeben. Eine erste Abklärung ist wichtig für weitergehende, vlt. auch sportmedizinische oder physiotherapeutische Behandlungen.